Wenn man sich in der Kirche über den Tod freut… (Hejnice – Oktober 2009)

Nachdem der Festzug ausgegangen war, kam ich einige Minuten später nach Hejnice an. Ich habe ein Gefährt gesehen, das von zwei Pferden gezogen, von vier fröhlichen Teenies gelenkt und mit zwei Toten aufgeladen wurde. Mit einem Rehkitz und einer Damhirschkuh - Weibchen von Damhirsch. Ich bin in die erste Straße eingefahren, in der man parken konnte, aus dem Auto ausgesprungen und gelaufen, um die Fotos zu machen. Leider habe ich im Einfahrtsverbot geparkt, leider gegenüber der Polizeidienststelle und leider für 500 CZK. Doch das war mir in dem Moment ganz egal.

Ich habe die Menschen im Festzug angeschaut. Die Schuljugend, meistens aus örtlicher Forstschule. Die Kinder, die am Geschehen interessiert waren. Ihre Muttis, Vatis, Omas und Opas. Die Frauen und Männer in den Forstuniformen, einige mit den Hunden, einige mit grünen Fahnen und andere mit den Fackeln. Die Falkner in den Kostümen und die Falken auf den Händen. Die Pferde, die von anderen Menschen in den Kostümen gesattelt wurden, und in der Spitze auf dem Pferderücken die Göttin Diana und St. Hubertus. Angeblich die Jagdgöttin und der Schutzpatron der Jäger.

Das Holzgefährt mit den Tieren, die katholischem Gott geopfert wurden und auch seiner Mafia, bitte um Verzeihung, ich wollte “der Kirche” sagen (Verständlicher Irrtum, nicht wahr?), war an den Seiten mit Blumen geschmückt und die toten Tiere haben auf grünen Zweigen mit einem grünen Zweig im Mund gelegen. Das Rehkitz und die Damhirschkuh waren vom Hals über den Bauch bis zum Schwanzteil aufgeschnitten und ausgeweidet. Die Damhirschkuh hatte das Zweiglein auch in der Schusswunde in der Hüfte. Ihre Augen waren blutunterlaufen und das Blut hatte sie auch um die Augen herum. Als ob sie geweint hätte.

Der Festzug ist am Gemeindeamt angehalten, er hat mit dem Gemeindeherrn geherzt und weiter ist er zur Basilika des Besuches der Jungfrau Maria gegangen, die keine Jungfrau mehr ist, weil ich mit ihr bereits zweimal geschlafen habe. (Dies nur unter uns.)

Vor der Basilika hat der Priester uns begrüßt. Dieses ganze heilige Ereignis hat ihn offensichtlich berührt, und seine Berührung hat er auch dann bestätigt, als er in der Kirche zu reden begonnen hat. Zuerst hat er uns in seine Familienverhältnisse eingeweiht, also nun bin ich im Bild, dass sein Onkel auch ein Förster war und dass er sich darüber freut. Er wurde nachdenklich, ob man besser von einem Waidmann oder Jäger sprechen soll, und besser ist wahrscheinlich Waidmann, weil Jäger so hässlich ist. Er hat darüber geredet, wie viel die Waidmänner im Forst arbeiten müssen, damit die Besucher dann kommen können und das Auge und natürlich auch die Seele des Menschen sich erfreuen können. Er hat die Dekoration um den Altar herum gelobt, dass man sehen kann, wie viel Arbeit dahinter steckt und dass das ans Herz geht.

Die Dekoration, über die sich der Priester so gefreut hat, war meiner Meinung nach erbärmlich und dumm und ein bisschen wie eine Ironie. An der linken Seite des Altars das Kreuz und am Kreuz hängender Jesus mit einer blutigen Wunde in der Hüfte. Genauso wie die geopferte Damhirschkuh, wie sich das Mädchen geäußert hat, das mit mir war. Das Kreuz war mit dem Schädel mit Geweih dekoriert. An beiden Seiten des Altars die gestopften Tiere. Dachs, Fuchs, Reiher und Marder, der sogar an einem Zweig des Baumes angebracht war, als ob er geklettert hätte. Blumen. Früchte und Kastanien in den Schüsseln. An einer Seite des Altars die Leiche der Damhirschkuh, an der anderen Seite die Leiche des Rehkitzes. Vor den Bänken die Falkner, Männer und Frauen in den Kostümen und Forstkostümen. Glühende Fackeln und lebendige Jagdmusik. Die Menschen in den Bänken haben zugehört und der Priester hat gequatscht, gebetet und gesegnet.

Danach wurden zwei Adepten zu Waidmännern geschlagen, der Priester hat die Oblaten verteilt und die Messe wurde beendet. Die Basilika war fast leer. Nur die RentnerInnen haben die Opfer angeschaut, man begann aufzuräumen, die Musiker haben sich zwischen die gestopften Tiere und die erschossene Damhirschkuh gestellt, um für den Fotografen zu posieren, einer der Waidmänner hat meine Freundin aufgeklärt, dass dieses gestopfte Tier ein Dachs und dieses erschossene Tier ein Rehkitz ist. Und ich habe noch fotografiert und bin um diesen Schreck herumgelaufen und obwohl ich weiß, dass es nichts gebracht hat, habe ich die Damhirschkuh über den Kopf und die roten Tränen gestreichelt.

Mehr Infos über die Tradition des Heiligen Hubertus:
Von einem toten Hirschen, dumme Tradition und ihrer Weihe (Plumlov - Oktober 2008)

Und noch einmal die Fotoreportage aus Hejnice:
protilovu.blog.cz

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This entry was posted on Středa, Leden 20th, 2010 at 13.03 and is filed under reportagen. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. Responses are currently closed, but you can trackback from your own site.

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